Montag, 31. März 2003

Stellt euch vor, es ist Krieg.

Stellt euch vor, es ist Krieg und keiner geht hin – und nicht einmal einer schaut zu, alle lachen sie bloß und ergeben sich freudig einem ganz anderen Traume.
Mein Großvater war damals nicht einmal 21, als er eingezogen wurde. Zunächst ging es gegen Polen, dann gegen Frankreich und schließlich durfte er sogar marschieren ein in die Weiten Rußlands. Um Stalingrad wurde er am rechten Bein verwundet, dies “Glück im Unglück“ es wohl war, das ihm ersparte auch dabei zu sein in jenem Hexenkessel.
Als mein Großvater aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehrte, da war er über 30, ein gebrochener Mann, dem all sein “Sehen“ geraubt hatte den Glauben an Gott, den Mensch und das Gute.
Als er heimkam, schaute mit großen Kindsaugen meine 5-jährige Mutter ihn an und sagte bloß ganz verschüchtert zu ihm: “Onkel“.
10 Jahre seines Lebens waren einfach fort – verloren, doch der Krieg – der Krieg – er war für ihn noch lange nicht vorbei, Großmutter sagte: “Nachts – ja, nachts – da lag er oft in Tränen.“ Ich fürchte: Etwas in ihm kam wohl zu nahe dem allgegenwärtigen Tod.
Großvater... – Als ich noch klein war, was hatte er mir da nicht oft all diese Geschichten erzählt – als ob der Krieg gewesen sei ein großes Abenteuer, etwas Schönes, Gutes. Erst spät – sehr spät – begriff ich: Seine Erinnerung reichte an jene Schrecken einfach nicht ´ran, zu tief saß in ihm der Schmerz, als daß er hätte von ihm künden wollen – können.
Stellt euch vor, es ist Krieg und keiner geht hin – und nicht einmal einer schaut zu, alle lachen sie bloß und ergeben sich freudig einem ganz anderen Traume.
Als Großvater ´91 dann starb, da hinterließ er mir nicht viel außer einer Handvoll von ihm nie zuvor vernommener Worte: “Geh´n wir regelmäßig in die Stille, in die Meditation, so wie Christus auf dem Berg. – Wir lernen, nach dem Gebet stille zu sein und hörend zu werden. Dann erfahren wir tiefes intuitives Wissen, aus dem wir richtig zu handeln vermögen. – Dann entdecken wir unsere innere Natur und finden wieder die Wurzeln unserer Kraft. – Wenn wir uns so heilen und heiligen, werden wir zu einem Zentrum der Kraft und des Friedens und strahlen dieses auch auf unsere Umgebung aus. So schaffen wir die Voraussetzungen für ein neues Bewußtsein, das die Erde zu heilen vermag und uns neue Wege finden läßt. – Nur wenn wir unsere innere Natur entdecken, können wir mit der äußeren Natur sinngemäß umgehen.“
Stellt euch vor, es ist Krieg und keiner geht hin – und nicht einmal einer schaut zu, alle lachen sie bloß und ergeben sich freudig einem ganz anderen Traume.

© ts 2003

Donnerstag, 20. März 2003

Der Narr der Frösche

Es war einmal eine hübsche, junge Prinzessin, die auf Traumesschwingen über die hohen Berge bis weit hinein ins Land des blauen Märchenwalds geflogen kam. – Unsterblich sie sich verliebte in einen verwunschenen Prinzen.
Vielleicht dies ein grober Fehler war: Er küßte sie und nicht sie ihn. – So blieb der Prinz ein Frosch und seine Seele trostlos. – Und der Unglückliche küßte die Traurige wieder und wieder, doch das Wunder nicht geschah.
Ein paar Jahre gingen ins Land – er hüpfte viel, er hüpfte weit – und quakte, quakte, quakte. – Nein, nie er wohl wirklich verstand, warum gerad´ ihn die Schöne aus dem fernen Sonnenland so liebte.
Eines Morgens, sie saßen wohl noch traut am Brunnenrand (möglich, daß an jenem Tage er bereit gewesen wär´ ein erstes Mal für ihre zarten Küsse), da stieß sie ihn mit leichter Hand in dunkle Tiefe. – Im Fallen der Verwunschene erschrak: In der Liebe gibt es keine Gründe.

© ts 2003